
Rechtsanwältin
Annika Levy
levy@kopp-assenmacher.de
Mit dem neuen Koalitionsvertrag 2025 „Verantwortung für Deutschland“ haben CDU, CSU und SPD ein umfassendes Programm zum Bürokratieabbau angekündigt. Teil des geplanten „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“, das bereits bis Ende 2025 umgesetzt werden soll, ist die Reduzierung der Verpflichtung von Industrieunternehmen zur Bestellung betrieblicher Beauftragter (Rn. 1904 ff. des Koalitionsvertrags).
Zum Hintergrund: Um die Gefahren für Mensch und Umwelt durch Stoffe und Verfahren, die im jeweiligen Arbeitsprozess des Unternehmens Anwendung finden, zu vermindern, sieht auch das Umweltrecht für bestimmte Bereiche die Benennung von speziell ausgebildeten Betriebsbeauftragten als gesetzlich verankertes „compliance tool“ vor.
Die im Koalitionsvertrag angekündigten Deregulierungen könnten im Bereich des Umweltrechts insbesondere den Abfallbeauftragten (§ 59 KrWG, AbfBeauftrV), den Immissionsschutzbeauftragten (§ 53 BImSchG, 5. BImSchV), den Gewässerschutzbeauftragten (§ 64 WHG) und vereinzelt den Bodenschutz- und Naturschutzbeauftragten (soweit bundesrechtlich geregelt) betreffen.
Die geplanten Einschränkungen bedeuten keine Abschaffung der Betriebsbeauftragten. Avisiert sind vielmehr Befreiungen für kleinere und mittlere Unternehmen (Rn. 1906), Erleichterungen bei Qualifikations- und Fortbildungspflichten sowie die Verschlankung der Dokumentations- und Berichtspflichten (Rn. 1907 und 1908). Denkbar sind darüber hinaus Erleichterungen beispielsweise bei geringer Abfallmenge oder bestimmten Anlagentypen nach Anhand 1 der 4. BImSchV.
Hingegen dürften Verpflichtungen zur Bestellung von Beauftragten, die auf europarechtlichen Vorgaben beruhen oder besonders sicherheitsrelevante Bereiche betreffen, wie z. B. die Datenschutz- (Art. 37 DSGVO, § 38 BDSG) oder Strahlenschutzbeauftragten (§§ 70, 71 StrlSchG), unverändert bestehen bleiben.
Was folgt daraus? Das System der verschiedenen Umweltbeauftragten – in Gestalt z.B. des Abfall-, Immissionsschutz- oder Gewässerschutzbeauftragten – hat sich in der Vergangenheit bewährt. Aufgrund des gesetzlich geregelten direkten Zugangs des Beauftragten zur Unternehmensleitung können relevante Umweltschutzbelange frühzeitig an der Unternehmensspitze identifiziert und beachtet werden. Das „stört“ nur dort, wo ein Unternehmen Umweltschutzbelange ignorieren und dadurch vermeintlich Kosten einsparen möchte. Das Gegenteil ist aber richtig: Die frühzeitige Beachtung von Umweltrecht spart im Ergebnis Kosten! Insofern wird es nun darauf ankommen, in welcher Weise die neue Bundesregierung eine Deregulierung im Beauftragtenwesen anpackt. Es mag nachvollziehbar sein, für kleinere Unternehmen oder im Falle von Kleinmengen Erleichterungen zu schaffen, ebenso lassen sich gegebenenfalls im Rahmen der Fortbildungs- und Dokumentationspflichten gewissen Vereinfachungen betreiben. Das System der Umweltbeauftragten an sich hat sich aber grundsätzlich bewährt und nützt Unternehmen mehr als das es schadet.