Einwegkunststoff­fondsgesetz: Umsetzung und Erfahrungen zum Vollzug durch das Umwelt­bundesamt

Rechtsanwalt
Stefan Kopp-Assenmacher
s.kopp@kopp-assenmacher.de

Das Einwegkunststofffonds-Gesetz erreicht die Praxis. Neue Einwegkunststoffhersteller müssen sich vor Markteintritt registrieren lassen, für Bestandsunternehmen läuft eine Frist bis Jahresende 2024. Das Umweltbundesamt hat zudem damit begonnen, erste Einstufungsentscheidungen zu Einwegkunststoffprodukten zu erlassen. Worauf Betroffene jetzt achten sollten.

Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (EU-Einwegkunststoff-Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber neben anderen Vorschriften das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) vom 11.05.2023 erlassen. Neu auf den Markt tretende Hersteller von Einwegkunststoffprodukten müssen sich seitdem vor Marktteilnahme als Einwegkunststoffhersteller registrieren lassen. Für Bestandsunternehmen läuft eine Registrierungsfrist bis Ablauf des Jahres 2024. Dementsprechend kommt es jetzt darauf an, noch ausstehende Registrierungen vorzunehmen, ggf. den Status der eigenen Produktpalette klären zu lassen (Einweg- oder Mehrwegkunststoff), die Einstufung von Einwegkunststoffprodukten in die Produktarten der Einwegkunststoffabgabe zu prüfen und sich mit den jeweiligen Verfahren und Rechtsbehelfen auseinanderzusetzen. 

Zu den Fristen gilt:

  • Die Pflicht zur sofortigen Registrierung von Einwegkunststoffherstellern vor Markteintritt folgt aus § 7 Abs. 1 EWKFondsG.
  • Die Pflicht zur Registrierung für Bestandsunternehmen bis Ablauf des Jahres 2024 folgt aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 29 Abs. 2 EWKFondsG.

Mögliche Feststellungsanträge beim Umweltbundesamt (UBA):

  • Feststellung der Eigenschaft eines Produkts als Einwegkunststoffprodukt nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EWKFondsG.
  • Feststellung der Produktart nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EWKFondsG.

Gegen das EWKFondsG sind aktuell mehrere Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht rechtshängig. Die Beschwerdeführer beanstanden die Ausgestaltung der Umsetzung der EU-Einwegkunststoff-Richtlinie durch den deutschen Gesetzgeber und bezweifeln die Vereinbarkeit des Gesetzes mit Finanzenverfassungsrecht. Jedenfalls bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und vorbehaltlich des Ausgangs des Rechtsstreits gilt das EWKFondsG uneingeschränkt und ist dementsprechend zu beachten. 

Als besonders praxisrelevant und streitanfällig zeichnen sich die Feststellungsentscheidungen des UBA zur Einstufung eines Produkts als Einwegkunststoffprodukt sowie zur Produktart (Behältnis, Becher, etc.) ab. Aus Sicht betroffener Unternehmen ist hier eine besondere betriebswirtschaftliche Belastungssituation gegeben, weil die Feststellungsentscheidungen erheblich auf die Kostenseite der Produktion wirken können. Insoweit ist eine genaue Prüfung behördlicher Entscheidungen und auch von Rechtsbehelfen (in der Regel Widerspruch, ggf. i.V.m. mit gerichtlichen Rechtsbehelfen) angezeigt, denn einmal bestandskräftige Einstufungen lassen sich nachträglich nur noch schwer korrigieren. 

Besonders tückisch erscheint die in § 22 Abs. 1 S. 2 EWKFondsG eingeräumte Möglichkeit, Einzelanträge von Unternehmen zur Feststellung der Eigenschaft als Einwegkunststoffprodukt oder der Produktart im Wege der Allgemeinverfügung zu bescheiden. Davon macht das UBA bereits Gebrauch. Die erste Entscheidung des UBA zu einer Produktartzuordnung vom 01.07.2024 zur Abgabenklasse von Ayranbechern ist in dieser Rechtsform ergangen (ein Rechtsbehelf ist erhoben). Hier ist für Einwegkunststoffunternehmen höchste Vorsicht geboten, denn Allgemeinverfügungen gelten unabhängig von einer eigenen Antragstellung für alle entsprechenden Fälle. Ein Antrag zur Einstufung von Ayranbechern bewirkt also im Ergebnis eine Entscheidung für alle Ayranbecherhersteller. Darüber hinaus können sich solche Entscheidungen über den Gleichheitsgedanken auch vorwirkend auf ähnliche Fallgestaltungen zu Getränkebehältnissen, etwa zu Mischkaffeebechern, auswirken. 

Wir empfehlen, neben der Beachtung noch laufender Registrierungsfristen, alle selbst oder durch Dritte gestellten Feststellungsanträgen hinsichtlich der Einstufung von Produkten als Einwegkunststoffprodukte sowie zu Produktarten genau zu prüfen. Das UBA veröffentlicht seine Entscheidungen zur Einstufung als Einwegkunststoffprodukt und zu Produktarten im Internet. Sofern das eigene Produkt nachteilig betroffen sein kann, ist über Rechtsbehelfe zu entscheiden.