Rechtsanwalt
Dr. Wolfgang Abromeit
abromeit@kopp-assenmacher.de
Auch im Baurecht steht die Genehmigungsbeschleunigung – und Vereinfachung im Zentrum gesetzgeberischer Aktivitäten. Hier ist auf Bundesebene mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung der seit langem ambitionierteste Vorstoß zur Reformation und Überarbeitung des Baurechts durch den Kabinettsbeschluss vom 03.09.2024 auf den gesetzgeberischen Weg gebracht worden (BauGB-Novelle). Die Beratungen und Beschlussfassungen des Bundestages stehen zwar noch aus, der Bundesrat muss diesem Gesetz jedoch nicht zustimmen. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist noch in diesem Jahr geplant.
Die Novellierung des BauGB soll substanzielle Änderungen sowohl in materieller Hinsicht auch im Hinblick auf das Verfahren und die zuständigen Behörden herbeiführen. Neben den Änderungen zur Klimaanpassung, zur Etablierung einer Nutzungsart als Musikclubs und zur Digitalisierung und zur allgemeinen Verfahrensbeschleunigung stehen vor allem die Regelungen zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zum sozialen Wohnungsbau im Vordergrund.
Die strukturell und auch rechtsdogmatisch weitreichendsten Änderungen betreffen die Neuordnung und Überarbeitung des Bauplanungsrechts und die Einführung des § 246 e BauGB. Diese Regelung erlaubt Abweichungen von den üblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften des BauGB sowie der BauNVO, sofern dies "im erforderlichen Umfang" notwendig ist.
Zu den betroffenen Vorhaben zählen insbesondere die Errichtung neuer Gebäude mit mindestens sechs Wohnungen sowie die Änderung oder Erweiterung bestehender Wohnbauten, wenn dadurch zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. Die Sonderregelung ist bis zum 01. Januar 2027 befristet. Ein wichtiger Bestandteil der Regelung ist, dass Abweichungen von den Bauvorschriften nur in einem Umfang erlaubt sind, der die Interessen von Nachbarn und öffentlichen Belangen berücksichtigt. Die Bauaufsichtsbehörde muss prüfen, ob das Bauvorhaben für die Anwohner zumutbar ist und keine übermäßigen Eingriffe in Natur und Landschaft erfolgen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt erforderlich, insbesondere bei Vorhaben im Außenbereich. Zudem sieht § 246e BauGB vor, dass die Zustimmung der Gemeinde erforderlich ist, um die kommunale Planungshoheit zu wahren. Damit soll sichergestellt werden, dass auch bei beschleunigten Verfahren die Interessen der lokalen Planung nicht völlig außer Acht gelassen werden.
Es bleibt abzuwarten, wie diese Regelung sich in der Praxis bewährt, wie die Abwägungsentscheidung der öffentlichen und privaten Belange zu strukturieren ist und ob sie die erwarteten positiven Folgen für den Wohnungsbau herbeiführt.
Die Regelung geht neue Wege und eröffnet so zumindest theoretisch ganz neue Handlungsspielräume jenseits von Bebauungsplanverfahren.
Für Vorhabenträger mit grundsätzlich für den Wohnungsbau geeigneten Grundstücken, die zwar den grundsätzlichen Rückhalt in der Kommunalpolitik für Ihre Projekte verspürt haben, jedoch bisher aufgrund der kostspieligen Bebauungsplanverfahren vor Investitionen zurückgeschreckt sind, könnte diese Änderung tatsächlich ein Anlass sein, den Projekten neuen Wind zu verleihen.
Auf Landesebene befindet sich in Berlin das Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben (Schneller-Bauen-Gesetz – SBG) im Gesetzgebungsverfahren. Der Entwurf des SBG wurde am 26.08.2024 vom Berliner Senat beschlossen und liegt nun dem Abgeordnetenhaus vor.
Wir werden die Regelungsvorhaben weiter für Sie im Blick behalten und Ihnen berichten.
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