OVG Magdeburg: Rechtswidrige Anordnung zur Beseitigung eines Abfalllagers nach § 20 Abs. 2 BImSchG wegen unerfüllbarer Fristenregelung

Rechtsanwalt
Dr. Wolfgang Abromeit
abromeit@kopp-assenmacher.de

In einem Rechtsstreit um eine immissionsschutzrechtliche Beseitigungsanordnung nach § 20 Abs. 2 BImSchG hat das OVG Magdeburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs angeordnet und dies mit der Nichterfüllbarkeit der seitens der Behörde gesetzten Fristenregelung begründet (Beschluss vom 10.10.2024 – Az. 2 M 74/24). Die Behörde hatte verlangt, innerhalb einer bestimmten Frist die Entsorgung von Abfällen vorzunehmen. Wegen fehlender Entsorgungswege war diese Frist jedoch grundsätzlich nicht erfüllbar. Die Unmöglichkeit der Fristeinhaltung führte zur Rechtswidrigkeit der Anordnung. 

Dem Fall lag die Ausgangssituation zugrunde, dass die Antragstellerin bereits vor der Übernahme durch die aktuellen Gesellschafter gefährliche Abfälle in einem deutlich über die genehmigungsfrei zulässige Menge von 30 t hinausgehenden Umfang erzeugt hatte. Diese Abfälle waren aufgrund der unregelmäßigen Konsistenz, des hohen Energiegehalts, der korrosionsintensiven Inhalte und des ebenfalls enthaltenen Schwermetalls nur schwer zu entsorgen. Die in Deutschland vorhandenen und bekannten Entsorger wurden bereits bis zu ihren Kapazitätsgrenzen beliefert. Eine Entsorgung im Ausland scheiterte bereits nach der Notifizierung aufgrund der beschriebenen Eigenschaften.

Die Behörde hatte der Antragstellerin nach sechsjähriger Duldung aufgegeben, die nicht genehmigten Lagermengen zu beseitigen. Dafür räumte sie der Antragstellerin eine Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung ein. Darüber hinaus wurde die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet, der Antragstellerin die Durchführung der Ersatzvornahme angedroht und ihr aufgegeben, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme als Voraus innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe der Verfügung zu leisten.

Diese Anordnungen waren rechtswidrig, so das OVG Magdeburg. Sie waren unmöglich zu erfüllen und darum unverhältnismäßig. Das OVG Magdeburg begründete seine Entscheidung damit, dass auch bei Vorliegen des Tatbestands die Behörden die Grenzen des Ermessens einhalten müssen:

„Hiernach kommt es für die Beurteilung der Angemessenheit der Frist auf die materielle Illegalität der Anlage nicht entscheidend an. Die Gefährlichkeit von zu entsorgenden Abfällen ist zwar ein bei der Fristbemessung gewichtiger Gesichtspunkt. Gleichwohl muss auch dann der Adressat einer Beseitigungsanordnung objektiv in der Lage sein, die darin geforderten Maßnahmen innerhalb der ihm gesetzten Frist durchzuführen bzw. durchführen zu lassen.“

Die Entscheidung verdeutlicht für die Praxis, dass unerfüllbare Vollzugsforderungen rechtswidrig sind.

Für die Antragstellerin hatte KOPP-ASSENMACHER Rechtsanwälte nachweisen können, dass diese allen potentiellen Entsorgungsmöglichkeiten nachgegangen war. Immer wieder hatte sie nach Probesendungen von Betrieben, die zur Entsorgung dieser Abfälle zugelassen waren, Absagen erhalten. Es gilt: Auch wenn ein grundsätzlich rechtswidriger Zustand vorliegt, muss sich die Behörde an die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts halten und darf nichts objektiv Unmögliches verlangen, um einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. 

OVG Magdeburg, Beschluss vom 10.10.2024 – Az. 2 M 74/24 

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