Zur Erforderlichkeit einer strategischen Umweltprüfung bei Schutzgebiets­ausweisungen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Juli 2023 ein Normenkontrollverfahren zur Überprüfung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Bäche im Artland“ im Landkreis Osnabrück ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung über Auslegungsfragen des Unionsrechts ersucht. KOPP-ASSENMACHER Rechtsanwälte ist rechtsgutachterlich beteiligt.

In der Sache geht es dabei um die Frage, ob es vor Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung, mit welcher ein europäisches Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet unter Schutz gestellt wird, einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) bedarf (Az. 4 KN 204/20). Beim Niedersächsischen OVG sind weitere, gleichartige Verfahren anhängig. 

KOPP-ASSENMACHER Rechtsanwälte hat zu der Frage der SUP-Pflicht vor Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten rechtsgutachterlich Stellung genommen und sich insbesondere mit den Besonderheiten bei Freistellungen und den praktischen Folgen bei unterbliebener Umweltprüfung befasst. Dabei geht es vor allem um Schutzgebietsausweisungen, in denen Freistellungen für bestimmte Tätigkeiten im Schutzgebiet (z. B. zugunsten der Landwirtschaft) enthalten sind. Der EuGH wird nun klären müssen, ob und inwieweit es vor Erlass einer Schutzgebietsausweisung mit Freistellungen für bestimmte Tätigkeiten einer Strategische Umweltprüfung bzw. einer Umweltprüfung nach europäischen Rechtsvorgaben bedarf.

Bislang wurden Umweltprüfungen vor Erlass von Schutzgebietsausweisungen grundsätzlich für entbehrlich gehalten, weil die Unterschutzstellung an sich ein Gebiet nicht beeinträchtigt. Das kann aber anders sein, wenn durch den Rechtsakt nicht nur das Gebiet unterschutzgestellt, sondern zugleich bestimmte, potenziell gebietsbeeinträchtigende, Nutzungen – etwa für die Waldbewirtschaftung, die Landwirtschaft oder die Fischerei – pauschal zugelassen werden.

Solche Freistellungen bestimmter Tätigkeiten sind häufig in nationalen Schutzgebietsverordnungen enthalten, ohne dass bislang vor Erlass entsprechender Verordnungen eine Umweltprüfung nach Vorgaben des europäischen Rechts durchgeführt worden wäre.